Zeichnen im Café – von Portrait bis Comic

„Ich bin des trocknen Tons nun satt….!“, sagt schon mein alter Freund Mephisto – und mir geht´s heut auch so. Daher sind die angekündigten Übungen verschoben, und ich hab heute Lust, einfach mal ein paar flotte Skizzen aus der freien Wildbahn  zu zeigen.

Aus dem letzten Crashkurs Portrait und Figur zeichnen hat sich entwickelt, daß wir uns ab und zu im Café treffen, zum Austauschen und zusammen zeichnen.  Das ist für mich ein super Genuß, denn da bin ich nimmer Lehrerin, sondern habe einfach Teil an einer kleinen sehr anregenden Peers-Group, die gegenseitig Skizzenbücher anschaut, ratscht und Kaffee trinkt – und dann aber auch sehr schnell den Übergang findet zum aktuellen Dranbleiben und flott und fesch und experimentell herumzeichnen.

Was super ist: wenn wir so als kleine Gruppe da sind (strategisch auf zwei Tische verteilt, so daß wir uns auch gut gegenseitig zeichnen können) – dann ist es sehr leicht, wie nebenbei und unbemerkt auch andere Leute/Gäste zu zeichnen. Das ist alleine schwieriger – „wieselhaariger“ würd ich da auf bayrisch sagen…

Also das ist die Situation, und hier kommen die Bilder:

Claudia_Valley700
Naja, frau übt halt so vor sich hin… Claudia zeichnet, und ich zeichne sie wild drauflos beim zeichnen…die Farben im Haar sind ein bißchen zu gleichmäßig verteilt, mehr flächig konzentrieren!

Das Café heißt übrigens Dankl, und ist an der Ecke Valleystraße (falls jemand in München ist und mal reinschaun/ reinzeichnen will). Es ist super geeignet, weil große Fenster -> angenehm hell. Lockere Atmosphäre, interessant gemischte Besucher, und meist nicht so voll. Und extrem köstlicher Kaffee!

Christine_modellt700
Noch beim Warmzeichnen, man merkt, daß die Hand noch ein bißchen steif is – zumindest ich merke das. Aber so fängts halt an, jedesmal wieder neu annähern, eintauchen, flüssig werden. Bleistift und Fineliner, irgendwer hat faszinierende Leuchtstifte hingelegt, Buntstifte, Kugelschreiber, Rohrfeder und Tusche.

Leider check ich noch nicht, wie frau es macht, daß die Bilder hier im Blog nur klein angezeigt werden, und beim draufklicken groß werden – falls mir das jemand sagen könnte, wär toll, danke!

Teresa_mit-Schal700
Teresa, Teresa, Teresa!…So, jetzt flutschts – ab hier beginne ich mich wohl zu fühlen und im Flow… wir haben alle möglichen Werzeuge und Stifte am Tisch, jede kann einfach zugreifen und ausprobieren- ich liebe diese Mischung aus Allem, was sich anbietet…hier: Rohrfeder und farbige Tusche, rosa Marker, Filzer, Aquarellstifte.
Teresa trinkt Kaffee700
Teresa trinkt – und ich schlürfe das Punktemuster auf ihrem Schal, schlürfe es mit der Rohrfeder, mit brauner und blauer Tusche, dickem Filzstift und irgendwas Rotem…
Dicker_Filzstift700
Ich liebe die hohen hellen Fenster in diesem Café! – und an der Zeichnung die etwas brutale Mischung aus dickem Filzstift und dem andern Kleinkram…
Assyrer_liest-Dschungelbuch_vor700
Hier hat ein Papa am nachbartisch, von dem ich irgendwie aufgeschnappt habe, daß er „Assyrer“ ist, seinem Kind aus dem Dschungelbuch vorgelesen. Daher die Schlange Kaa, die sich durch das Bild ringelt.

Ich mag diese Mischung: eine Szene, die frau in der Wirklichkeit beobachtet, abzubilden beginnt – und in die Bildwirklichkeit mischt sich dann aber auch, was so an Gedanken und Ideen rumgeistert… wie hier die Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch – der Ast ist aber wirklich von dem Baum vor dem Fenster draußen…

Und an diesen dicken schwarzen Filzstift könnt ich mich gewöhnen…..

 

 

Crashkurs Portrait und Figur zeichnen – Büchertisch/ Literaturliste

Im diesem Kurs über das Zeichnen von Portraits und das flotte Skizzieren von Menschen haben wir Bücher aus drei hauptsächlichen Sparten verwendet: Anatomie, Zeichenlehrbücher und Künstlerbücher. Teilweise haben wir in Partner-oder Gruppenübungen gemeinsam damit gearbeitet – teilweise waren sie auch einfach da, um zwischendurch zusätzliche Impulse zu geben.

Büchertisch-Portrait

Ich möchte euch hier noch eine Liste der wichtigsten im Portrait-Workshop verwendeten Literatur geben, jeweils mit kurzen Kommentaren.

Anatomiebücher:

1.Das Wichtigste ( und auch hier im Bild) ist „der Bammes“: 

Gottfried Bammes:  „Die Gestalt des Menschen“ Lehr- und Handbuch der Anatomie für Künstler.

Ein Standardwerk, an dem du immer wieder deine Freude hast, wenn du dich künstlerisch mit dem menschlichen Gesicht und Körper befasst. Sehr solide und ausführlich, dabei nicht zu medizinisch. Sehr gute erklärende Texte ergänzen das (zugegebenermaßen etwas altmodische) Fotomaterial und erklärende Zeichnungen, die anatomisch wissend, aber sehr gut auf den künstlerischen Bedarf zugeschnitten sind.

2. Sobotta: „Atlas der Anatomie des Menschen“

Toll und phantastisch, wenn du es ganz genau wissen willst, und von innen her verstehen – aber nicht wirklich notwendig zum Zeichnen

3. Szunyoghi/Fehér: „Anatomische Zeichenschule„.  Mensch, Tier, vergleichende Anatomie.

Der Titel Zeichenschule ist nicht wirklich gerechtfertigt (dieser Anteil ist sehr klein und nicht wirklich instruktiv) – aber das Buch ist eine gute Ergänzung zum Bammes, da natürlich jeder wieder andere Aspekte erwähnt. Zwei Drittel des Buches (!) befassen sich mit der Anatomie der Tiere (behandelt werden neben Pferd, Hund und Katze auch Schwein, Affe, Schaf, Bär, Hirsch, Rind, Kamel und Löwe) – d.h. wenn dich neben der Gestalt des Menschen auch der Vergleich mit den Säugetierverwandten interessiert, ist dieses Buch besonders interessant. Der Vergleich von menschlicher und Tierischer Gestalt/ Physiognomie ist auch für angehende Karikaturisten und Animatoren sehr inspirierend!

Zeichenlehrbücher, Portraitlehrbücher:

 1.Betty Edwards „Garantiert Zeichnen lernenSelten gab es einen dümmeren Titel für ein besseres Buch!! ( engl. Originaltitel: „Drawing from the artist within/ Drawing on the right side of the brain)  Die Übungen von Betty Edwards sind wirklich enorm nützlich ( für Zeichen-Anfänger und wenn du das Gefühl hast, nicht wirklich weiterzukommen).  Gerade die Übungen zu Portrait und Händen sind für jemanden, der auch zuhause und allein die Disziplin zum Üben hat, super! Das Buch ist unter Kunsterziehern zurecht ein Evergreen!

2. William Maughan: „Drawing The Head“ : Phantasisch, super, sehr informativ! Auch überzeugende Zeichnungen des Autors, die weit über das bloße Erklären hinausgehen. Damit meine ich, daß es mich auch künstlerisch überzeugt, nicht nur von den Zeichen-Fertigkeiten her.

3. Suzanne Brooker: „Portrait Painting Atelier“: wie der Titel sagt, führt das Buch zur Malerei – es hat aber auch einen seeehr guten Teil über anatomische Gegebenheiten im Gesicht, sehr detailiert behandelt es auch Licht und Schatten.

Es ist kein Zufall, daß ich hauptsächlich Lehrbücher aus dem englischsprachigen Bereich verwende – warum auch immer, die habens einfach drauf! Es gibt jede Menge deutsche Bücher zum Portraitzeichnen – aber ich finde quasi alles peinlich dilettantisch und halbscharig. Wer was Gutes weiß, möge mir gern widersprechen!

3. Künstler-Bücher

1. Xenia Hausner: Kampfzone   Yes, Yes und Yes! für mich die interessanteste zeitgenössische Portraitistin überhaupt. Unbedingt sehenswert. Xenia ist eine gute Antwort auf die Frage: was will ich eigentlich im Zeitalter der Fotografie von einem Portrait? Das Buch ist leider erstens teuer und zweitens sowieso dauerhaft vergriffen. Dankenswerterweise gibt es „Kampfzone“ und auch andere Werke von Xenia Hausner in der Bibliothek. ( Zumindest in München, ähm)

2.Pfisterer/von Rosen ( Hrsg): Der Künstler als Kunstwerk. Viele interessante Beispiele von Selbstportraits, also wie ZeichnerInnen/MalerInnen verschiedener Zeiten sich selbst gesehen/inszeniert haben.

3.Ernst Rebel (Hrsg): Selbstporträts. Siehe 2

Ganz banal hat uns im Vergleich der Bilder auch interessiert: wie geht der/die einzelne Künstler mit den Formen des Gesichts um? Nase? Mund? Augen?

zB: gibt es in den Augen bei Xenia Hausner Glanzlichter? Fast nie – und was bewirkt das? Schließlich haben wir im Kurs gelernt, wie man „richtige“ Glanzlichter setzt, und wie lebendig dadurch ein Auge wirkt. Da ist es doch interessant, sich zu überlegen, warum so eine tolle Künstlerin sie nun einfach wegläßt – hat sie keine Ahnung? Hm, nö, da müssen wir uns wohl eine bessere Begründung einfallen lassen!! Schau dir doch mal Bilder von Xenia im Internet an, und schreibs gern hier in den Kommentar, wenn dir was Gutes dazu einfällt!