- Eine meiner Studentinnen erforscht zeichnend das menschliche Auge. An der Skulptur vor dem Münchner Nordbad kann man besonders gut auch die Ansicht des Auges von der Seite in verschiedenen Blickwinkeln studieren.
Ich unterrichte leidenschaftlich gerne Zeichnen, finde das eine der sinnvollsten Tätigkeiten, die ich kenne. Meine Übungen designe ich großenteils selber, da ich das meiste, was so in Kursen und Büchern angeboten finde, sau-trocken und langweilig finde. Ich habe natürlich die Grundlage eines Kunstpädagogik-Studiums – aber außerdem fließen vielfältige andere Erfahrungen mit rein. Zum Beispiel aus einer Tanz-und Performance-Ausbildung bringe ich die Neigung mit, jede Workshop-Einheit mit einem kleinen Warm-Up zu beginnen.
1. Workshop-Tag, 14. August 2017
Leichter Einstieg in die Proportion des menschlichen Gesichts: ein halbes Foto vervollständigen, 15-30 min

Dann setzen wir uns an den runden Tisch und gehen gleich mal in medias res und zeichnen Augen, so richtig simpel per „how to- Anleitung“, um da ein bißchen die Scheu zu verlieren.
Das Auge
ist viel easier als man erstmal denkt. Ich will jetzt nicht die einzelnen Schritte aufzählen, das ist ja kein Tutorial hier, lieber zeig ich euch ein Skizzenblatt aus dieser ersten Runde:

Danach erobern wir uns das Ateliergelände, Park und Hof , und lernen uns gegenseitig und die Umgebung zeichnend kennen. (Ich finde das sowieso gut, und sollte man viel öfter einfach mal so machen: herumwandeln und mit ganz kurzen Skizzen eine neue Umgebung wahrnehmen… den Baum, die Bank, den Brunnen, die Wand… und Conny am Baum lehnend, Christine am Tisch, Teresa auf der Parkbank…

Die Übung dazu ist: jede hatte die Aufgabe, einen Hut oder sonst eine kreative Kopfbedeckung mitzubringen: diese setzen wir jetzt auf, und jede darf auf unserm gemeinsamen Zeichenspaziergang 1x einen Ort für sich wählen, und steht oder sitzt dort 5 min Modell für die andern. Sooo klein mit Hut….Und alle andern, egal auf welchem Level man zeichnerisch gerade ist, tut einfach sein oder ihr Bestes und skizziert 5 min das „Modell“.Die Hüte helfen dabei gut, einen Anfang zu finden: an den Hutlinien kann ich mich festhalten, sie als „Kristallisationspunkt“ verwenden, und die Skizze von Gesicht und Gestalt „daranhängen“.
Am Nachmittag zeichnen wir dann in freier Wildbahn
im Café Gans am Wasser ( am See im Westpark München)
Das ist mit das Ziel des Kurses: neben den puren Zeichen-Skills auch die Fähigkeit zu vermitteln, sich schnell zeichnend auf eine Situation einzustellen. Und vor allem auch die Scheu dabei zu verlieren – oder positiv ausgedrückt: das Selbstvertrauen dafür zu entwickeln.
Das Setting für die erste Runde ist: jeweils 2 Zeichnerinnen bekommen „Pause“. Sie dürfen sich Kaffee und Zubehör holen, und 20-30 min essen, trinken und ratschen – dabei also nicht statuenhaft „Modell sitzen“, sondern natürlich bleiben, aber in EINER grundsätzlichen Haltung . Alle anderen positionieren sich drumherum und beginnen die beiden Kaffee-Modelle zu zeichnen.


Was mir als Kursleiterin an dieser Übung auch gut gefällt: dabei lernen sich die Teilnehmer gleich mal etwas besser kennen. Sie haben ja einen halbe Stunde nichts anderes zu tun, als dekorativ dasitzen und miteinander zu sprechen ( in der Modell-Situation entsteht meist auch ein hoher Grad von Wachheit und Bewußtheit).

Diese entspannte Wachheit teilt sich auch den Zeichnerinnen mit. Sie müssen einerseits damit klarkommen, daß ihr Modell nicht statisch ist, sondern kleine Bewegungen macht. Und andererseits auch damit, daß da zwei Menschen IN BEZUG zueinander sind. Was nochmal ein ganz anderer Anspruch ist, als einen einzelnen Menschen halbwegs anatomisch richtig abzubilden. Hier ist also nicht Perfektion gefragt, sondern flüssiges Reagieren auf die Angebote der Wirklichkeit.


Nach jeder Runde wird gewechselt, sodaß jede mal drankommt. Alternativ entstehen auch ein paar kurze „Einzelmodell-Sessions“, wie hier mit Ulli bei ihren ersten Schritten über die Wasser des Westpark-Sees…
Oben das Setting am See, unten zwei der Skizzen, die dabei entstanden sind….
und hier noch mal aus der andern Richtung…
Die Endrunde am See besteht dann noch aus einer Foto-Session:
die Kursteilnehmer sollen sich gegenseitig fotografieren, und zwar mit Grimassen, also z.B. so:
Dabei entstehen sehr schnell über 200 Fotos, man beachte neben der kreativen Entspannung vor allem auch die Beweglichkeit des Mundes ( und JA, ich HABE Monika gefragt, ob ich sie SO ins Netz stellen darf !!)
Aus diesen Fotos bastle ich in einer ausgedehnten Nachtschicht die
WarmUp-Übung für den nächsten Tag, nämlich einige Übungsblätter wie dieses:

2. Tag
Wir beginnen den Tag mit einer kurzen Atelierbesprechung: betrachten die Skizzen von gestern nachmittag, lassen den Schädel mal so nebenbei von Hand zu Hand gehen und bearbeiten Fragen. Danach geht es zum Thema des Tages:
Hauptthema für den Vormittag im Atelier: Der Mund
Der Mund ist das allerbeweglichste im menschlichen Gesicht. Dieser Bereich trägt viel Emotion – probiers mal aus:
- betasten, was ist weich, was ist stabil im Mundbereich ( im Kurs haben wir auch einen menschlichen Schädel, den man noch zusätzlich betrachten und betasten kann)
- was kann ich alles mit dem Mund? ( erstmal ganz konzeptfrei Bewegungen ausprobieren, ohne daß es was darstellen oder ausdrücken muß)
- wie wirkt es auf meine Stimmung zurück, wenn ich manche Bewegungen mache? (ein berühmtes Beispiel dafür ist ja das Lächeln: es scheint direkt Heiterkeits-Hormone zu erzeugen, wenn man das Gesicht willkürlich in Lächelhaltung bringt. Und was machen andere Gesichtshaltungen mit mir?
Praktische Übungen zum Mund: jeder bekommt insgesamt 7 Übungsblätter mit „bewegten“ Mündern drauf (aus den Grimassenfotos von gestern entstanden), mit der Aufgabe, sich nach Gusto welche rauszunehmen, und mit Bleistift zu skizzieren.
Dabei entstehen sehr schöne Skizzenblätter so wie dieses:

Außerdem hat jede Teilnehmerin eine Staffelei mit Spiegel, wo man die jeweilige Schnute auch selbst nachvollziehen und sich dabei anschauen kann- ich finde das sehr gut und wichtig: so oft wie möglich sich in die körperliche Haltung, die man zeichnet, auch selbst hineinbegeben und sie von innen heraus spüren!
Und dann spalten wir es auf: die fortgeschrittenen Zeichnerinnen können einen sanften Übergang finden, und ihren eigenen Mund live im Spiegel zeichnen, (ganz schön anspruchsvoll: man muß schnell und spontan zeichnen, weil es ganz unmöglich ist, einen starken emotionalen Ausdruck länger als 2-3 Minuten zu halten… probiert das mal! eine super Übung, die man ohne großen Zeitaufwand schnell mal zwischendurch machen kann! – und man lernt sich selbst dabei auf eine ganz neue Weise kennen)

Die Mittagspause verbringen wir im Café Dankl, und finden dort einen fließenden Übergang zur Nachmittagssession: wir verwenden Reste des Espresso zum Lavieren von Personenskizzen:

Danach gehen wir nach Nebenan in den Park, verteilen uns dort und skizzieren spielende Kinder, Tischtennisspieler, Zeitungsleser, und natürlich auch uns gegenseitig, wenn sich gerade niemand anderer anbietet.
Schöne Anleitung mit tollen Beispielen. Ich mache zur Zeit gerade einen Kurs in Urban Sketching, wo wir auch draußen unterwegs sind und Momente zeichnerisch einfangen, aber ich finde deine Beispiele, wie man sich an die Details des Gesichts herantasten kann, sehr hilfreich. Das ist eine super Ergänzung und ich werde mich mal an deinen Tips versuchen 🙂
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Jetzt bin ich aber gespannt, ob du inzwischen mal eine Übung probiert hast – und wie es dir damit ging? Ich habe keine Ahnung, ob du hier ein Bild hochladen kannst ( oder wie ich das ermöglichen kann?!?) aber von mir aus könntest du das sehr gerne tun!
Die Urban Sketcher schätze ich sehr! erstens daß die es geschafft haben, daß auch das ZUSAMMEN Zeichnen wieder viel mehr gemacht wird. Und daß man durch das zeichnen in der eigenen Stadt mit offeneren Augen rumläuft. Und daß man auch viel von andern Städten sieht, aber eben durch Zeichner-Augen und nicht nur durch diese Flut von Fotos, mit der man überall konfrontiert ist. ( Damit meine ich natürlich NICHT so besonders schöne Vogel-Fotos, ahem, ahem!).
Das einzige, was ich bißchen schade finde, ist das „wahrhaftig“… weil, so sehr ich die aufmerksame Beobachtung der Wirklichkeit liebe und schätze und praktiziere – es ist doch auch wichtig, daß die gedankliche Wirklichkeit mit in die Zeichnungen reinfließen kann, wenn sie will. Oder interpretiere ich dieses „wahrhaftig“ zu eng? wie handhabt ihr das in deinem Kurs, oder was meint euer Dozent/in dazu? darf man mitten beim Abbilden auch erfinden? Sowas wie die Schlange Kaa in der Cafészene?
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